Die Alzheimer Demenz und die meisten anderen Demenzformen sind bis heute nicht heilbar. Sogenannte Antidementiva, also Medikamente gegen die Demenz, können das Fortschreiten eine Weile verzögern und dazu beitragen, dass Alltagsfähigkeiten länger erhalten bleiben. Von weitaus größerer Bedeutung sind jedoch nicht-medikamentöse Maßnahmen und Therapieformen.

Minderung der Krankheitssymptome

Für die Alzheimer Erkrankung werden verschiedene Behandlungsansätze erforscht und zunehmend neue Medikamente auch in klinischen Studien erprobt.
Ziel einer medikamentösen Behandlung ist zurzeit die Linderung der Krankheitssymptome. Ein Aufhalten des Krankheitsprozesses ist mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln noch nicht möglich.

Das Hauptsymptom der Alzheimer Erkrankung ist die Hirnleistungsstörung. Der Neurotransmitter Acetylcholin trägt zur Hirnleistung bei und wird im Gehirn durch ein Enzym, die Acetylcholin-Esterase, abgebaut. Eine Erhöhung des verfügbaren Acetylcholins durch einen Acetylcholin-Esterase-Inhibitor (AchEI) wurde seit langem als ein möglicher Ansatzpunkt zur Behandlung von Hirnleistungsstörungen erforscht.

Verbesserung der Hirnleistung

In Deutschland sind drei AchEI’s verschreibungsfähig, die in der Reihenfolge Donepezil, Rivastigmin und Galantamin in den letzten Jahren verfügbar wurden. Alle AchEI’s verbessern die Hirnleistung, wobei das Ausmaß der Effekte je nach individuellem Patienten unterschiedlich ist. Über alle Patienten gesehen ist der Effekt eher moderat.

Als Nebenwirkungen traten bei allen AchEI’s bei Behandlungsbeginn häufig Übelkeit und Erbrechen auf. Ein Behandlungsversuch mit einem AchEI wird in einem frühen bis mittleren Erkrankungsstadium empfohlen.

Glutamat ist ein weiterer Neurotransmitter, der mit der Hirnleistung verbunden ist und durch die Substanz Memantine beeinflusst werden kann. Im mittleren bis späteren Krankheitsstadium kann Memantine zum Einsatz kommen und ist im Regelfall gut verträglich.

Gingko Biloba wird seit Jahrzehnten bei Hirnleistungsstörungen eingesetzt. Die neue medizinische Leitlinie erwähnt speziell den Extrakt EGb76 als eine Behandlungsmöglichkeit.

Depressive Symptome

Neben dem immer vorhandenen Kernsymptom Gedächtnisstörung treten aber bei vielen Patienten noch weitere Begleitsymptome auf. Im frühen Stadium der Erkrankung können depressive Verstimmungen die Lebensqualität von Erkrankten deutlich einschränken. Manchmal ist die diagnostische Einschätzung, ob eine Depression bei einer Alzheimer Erkrankung oder Gedächtnisstörungen bei
einer Depression vorliegen, mit Unsicherheit behaftet. Hier können neben aktivierenden Ansätzen zur Depressionsbehandlung auch Antidepressiva hilfreich eingesetzt werden.

Schlafstörungen

Schlafstörungen und nächtliche Unruhe können zu einer starken Belastung ab einem mittleren Krankheitsstadium werden. Neben einem klar strukturierten Tagesablauf können auch Medikamente zum Ein- und Durchschlafen helfen. Dies muss individuell mit dem behandelnden Arzt besprochen werden, wobei Schlafmedikamente im Regelfall die Sturzgefahr erhöhen.

Aggression und Halluzination

Aggressive Unruhe und Halluzinationen können im weiteren Krankheitsverlauf die Pflege und Zuwendung erschweren. Sollten Änderungen der Umgebung (zum
Beispiel Änderung des Ablaufs zur Körperpflege, Abhängen von Spiegeln, auf die der Betroffene aggressiv reagiert) nicht ausreichend sein, steht mit Risperidon eine zugelassene Substanz für einen Therapieversuch zur Verfügung. Die Vor- und Nachteile dieser und ähnlicher Medikamente und ihre Nebenwirkungen müssen mit dem jeweiligen, im Umgang mit diesen Medikamenten erfahrenen
Arzt besprochen werden.

Ein Absetzen der Medikation sollte bei fehlender Wirkung oder Unverträglichkeit erfolgen. Bei der Behandlung der Begleitsymptomatik sollten wiederholte Ausschleichversuche stattfinden, da Depressivität, Schlafstörungen und Aggressivität nur vorübergehende Phänomene sein können.

Prof. Dr. Michael Hüll, Chefarzt der Klinik für Alterspsychiatrie und -psychotherapie Emmendingen in "Begleiten ins Anderland", 2018

Nicht-medikamentöse Hilfen und Maßnahmen – ein breites Spektrum

Wichtig im Alltag sind die so genannten nicht-medikamentösen Ansätze. Sie können praktische Alltagsfähigkeiten stabilisieren und fördern, aber auch zur Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität beitragen.

Ergotherapeut*innen entwickeln praxisbezogene Konzepte und Angebote, die auf die Erhaltung von Eigenständigkeit, Alltagsbewältigung und Lebensqualität zielen.

Milieutherapeutische Ansätze versuchen, Menschen mit Demenz ein möglichst vertrautes und familienähnliches Umfeld zu gestalten. Der gesamte Wohn- und Lebensbereich soll Orientierung und Unterstützung geben, damit sich die oft verunsicherten Betroffenen wohl fühlen.

Die (Integrative) Validation nimmt die Äußerungen und das Verhalten der Betroffenen ganz bewusst wahr. Die Persönlichkeit, das bisherige Leben und die verbliebenen Fähigkeiten stehen im Vordergrund. Die individuellen Erfahrungen, der eigene Sprachgebrauch, wichtige Merkmale aus dem eigenen Leben, Lebensrhythmen und Rituale werden bewusst einbezogen.

Auch in der Selbsterhaltungstherapie (SET) liegt der Schwerpunkt auf dem, was die Betroffenen noch können – und nicht auf den Defiziten. Ziel ist die Stärkung der Alltagsfähigkeiten und des Selbstbewusstseins.

Besonders wichtig sind alle Bewegungsangebote – Spaziergänge, Gymnastik, Radfahren, Wandern, Fitnesstraining usw. in angemessener Form! Alle Studien der letzten Jahre zeigen, dass nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn Bewegung braucht und positiv darauf reagiert.

Das Integrative Hirnleistungstraining wählt einen ganzheitlichen Ansatz, der spielerisch, aber gezielt alle Sinne einbezieht. Lernen bzw. der Erhalt von geistigen Fähigkeiten wird als kreativer Prozess verstanden, bei dem auch Bewegung und Gefühle eine große Rolle spielen. Auch Ernährungsaspekte werden berücksichtigt.

Vor allem die Musik gilt als Königsweg zu Menschen mit Demenz. Auch wenn eine sprachliche Verständigung nicht mehr möglich ist, reagieren sie oft positiv auf Musik – sei es beim gemeinsamen Singen und Musizieren oder beim Anhören von Musik. Favoriten sind hier Musikstücke aus der Jugendzeit der Betroffenen.

Viele Betroffene reagieren auch ausgesprochen positiv und kreativ auf künstlerische Angebote/Kunsttherapie. Die Hemmschwelle zu kreativem Tun – also Malen, Töpfern, Theaterspielen etc. – liegt oft niedriger, weil der Leistungsanspruch nicht mehr im Vordergrund steht und so eine Ausdrucksmöglichkeit jenseits von Sprache eröffnet wird.

Große Bedeutung hat auch das biografieorientierte Arbeiten, also das bewusste Beschäftigen mit dem (Vor-)Leben der Erkrankten. Dabei gilt: Je mehr ich über einen Menschen weiß – Vorlieben, Ängste, Fähigkeiten, usw. – desto besser kann ich ihm begegnen und mit ihm umgehen. Auch die Erinnerungspflege setzt in der Vergangenheit an und versucht, Menschen mit Demenz über wichtige Gegenstände aus ihrer Jugend und frühen Erwachsenenzeit zu erreichen.

Logopädie kann helfen, die kommunikativen Fähigkeiten zu unterstützen und Schluckstörungen beim Essen zu vermindern.

Snoezelen (sprich: snuselen) ist eine Methode aus den Niederlanden. Sie wird meist in speziell hergerichteten, harmonisch wirkenden Räumen angeboten und soll die Sinne des Menschen durch Licht, Klänge, Farben und Gerüche anregen.

Basale Stimulation regt alle Sinne des Menschen (Tasten, Greifen, Hören, Sehen, Schmecken, Riechen) an. So können Betroffene sich selbst und ihre Umwelt besser wahrnehmen.

Tiere sprechen Menschen mit einer Demenz auf der Ebene der Emotionen und der sinnlichen Wahrnehmung emotional und sinnlich an. Sie können als Vermittler dienen zwischen Pflegenden und Erkrankten Betroffenen dienen und erleichtern so den Zugang zu deren Welt.

MAKS steht für Motorische, Alltagspraktische, Kognitive und Spirituelle Aktivierung. Dieser therapeutische Ansatz übertrifft laut Studien die Wirkung von Medikamenten, setzt aber eine konsequente, regelmäßige und häufige Anwendung voraus.

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